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Milo Rau / IIPM – International Institute of Political Murder
General Assembly | Generalversammlung | Assemblée générale

Trotz weltweiter ökonomischer und politischer Verwicklungen existieren auf globaler Ebene weder wirkungsvolle rechtliche Institutionen noch ausreichende demokratische Strukturen, die den Weltmarkt hinreichend regulieren, völkerrechtliche Verstöße verfolgen, Menschenrechte durchsetzen oder ökologische Entwicklungen in sinnvolle Bahnen leiten könnten. Die „General Assembly“, die vom 3. bis 5. November 2017 erstmals in Berlin tagte, füllt mit ihrem Entwurf eines Weltparlaments diese Leerstelle.

Mit „General Assembly“ vollenden Milo Rau und das International Institute of Political Murder ihre Arbeit über die Frage der politischen und künstle­rischen Bedingungen eines globalen Realismus. Vom 3. bis 5. November 2017 versam­melten sich 60 Abgeordnete der General Assembly aus der ganzen Welt in der Bundeshauptstadt, um das neu gewählte deutsche Parlament herauszufordern – repräsentativ für alle Akteurinnen und Akteure, welcher Art auch immer, die von der deutschen Politik betroffen sind, jedoch kein politisches Mitspracherecht haben.

Von der Arbeiter- und Frauenbewegung über Occupy Wallstreet bis zum gegenwärtigen Populismus ist die Forderung nach angemessener Repräsentation für fast alle politischen Bewegungen konstitutiv. Dies verweist auf ihren zentralen, aber stets prekären Status in jeder Demokratie: Wer wird repräsentiert im politischen Raum – und wer nicht? Als sich 1789 die Versammlung des Dritten Standes zur „Assemblée Nationale Constituante“ erklärte, war das eine Revolution. Was aber wäre diese Generalversammlung heute, im Zeitalter der Globalisierung – und wer der „Dritte Stand“? Während in Europa und den USA über die Modernisierungsverlierer und Abgehängten, über Proletariat und Rechtsrutsch im eigenen Land debattiert wird, geht die General Assembly in Hinblick auf die globale Realität von Politik und Ökonomie einen Schritt weiter und gibt den Unter­repräsen­tierten, den Nichtgehörten, dem globalen Dritten Stand eine Stimme: den Arbeitsmigranten, Kindern und Nachgeborenen, Kriegsopfern, den Textil- und Minenarbeitern, den Kleinbauern, den Wirtschafts- und Klimaflüchtlingen, den Opfern des sich anbahnenden Ökozids, den Weltmeeren, der Atmosphäre, den Nutztieren und Bäumen.

In fünf Plenarsitzungen fragen die Abgeordneten der General Assembly, wo wir als Weltgemeinschaft stehen und was zu tun ist – sozial, ökologisch, technologisch, politisch. Was bedeutet politische Souveränität im Zeitalter der Globalisierung? Wie verhalten sich die Interessen der Weltbevölkerung zu den demokratischen Prinzipien der Nationalstaaten? Wessen Forderungen nach Unabhängigkeit, Würde und Glück können zu den Forderungen der ganzen Menschheit werden? An die Stelle eines Lokalparlaments tritt ein Globalparlament, das die Mitglieder der neu ge­wählten deutschen Regierung aufforderte, sich anzuschließen.

Das erste Weltparlament der Menschheitsgeschichte, begleitet von einer Gruppe internationaler politischer Beobachter, gipfelte in der Verabschiedung der „Charta für das 21. Jahrhundert“ und dem „Sturm auf den Reichstag“ am 7. November, genau 100 Jahre nach dem „Sturm auf den Winterpalast“.

Mittwoch, 01.11.2017

„Was ist globaler Realismus?“
20:00 Uhr, Schaubühne am Lehniner Platz

Was sind die Aufgaben und Grenzen eines Weltparlaments im Zeitalter von globalem Kapitalismus, Klimawandel und Massenmigration? Der Regisseur Milo Rau und der Soziologe Harald Welzer debattieren über soziale und politische Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert. Moderation: Doris Akrap

Freitag bis Sonntag, 03. ‑ 05.11.2017

„General Assembly“
Schaubühne am Lehniner Platz

Freitag, 03.11.
19:00-21:00 Uhr Konstituierende Sitzung

Samstag, 04.11.
10:00-13:00 Uhr 1. Plenarsitzung: Diplomatische Beziehungen, Sanktionen und Kriege

13:30-16:30 Uhr 2. Plenarsitzung:
Die Regulierungen der globalen Wirtschaft

17:00-20:00 Uhr 3. Plenarsitzung:
Migration und Grenzregime

Sonntag, 05.11.
10:00-13:00 Uhr 4. Plenarsitzung:
Cultural Global Commons

13:30-16:30 Uhr 5. Plenarsitzung:
Natural Global Commons

17:00-19:00 Uhr Schlusssitzung

Dienstag, 07.11.2017

„Sturm auf den Reichstag“
15:00 Uhr, Wiese vor dem Reichstag, Heinrich-von-Gagern-Straße

Genau hundert Jahre nach dem legendären „Sturm auf den Winterpalast“ soll das neu gewählte deutsche Parlament symbolisch herausgefordert werden: Was sind die Forderungen des globalen Dritten Standes? Wer fehlt im Gebäude des Reichstags, in dem seit 1999 das deutsche Parlament internationale Politik macht? Vor dem Reichstagsgebäude erfolgt ein Reenactment des historischen Sturms auf den St. Petersburger Winterpalast von 1917: eines der wirkungsmächtigsten Bilder der Menschheitsgeschichte, das am Ursprung der folgenreichsten Revolution der Moderne steht. Stürmen wir gemeinsam auf den Reichstag! Schaffen wir ein neues, zukunftsweisendes Symbol für globale Demokratie und internationale Solidarität im 21. Jahrhundert!

Konzept und Regie: Milo Rau, Recherche und Dramaturgie: Eva-Maria Bertschy, Bühne und Ausstattung: Anton Lukas, dramaturgische Mitarbeit: Stefan Bläske, Carmen A.J. Hornbostel, Mitarbeit Recherche: Kasia Wojcik, Infographik: Ole Häntzschel, Produktionsleitung: Mascha Euchner-Martinez, Eva-Karen Tittmann, Mitarbeit Produktionsleitung: Thomas Fabian Eder, technische Leitung: Jens Baudisch, Kamera: Tilo Schneider, NN, Live-Streaming: Can Elbasi, Public Relations: Yven Augustin, Social Media: Luise Müller-Hofstede und Karolin Langfeldt (fromberlinto), Film „Sturm auf den Reichstag“: Patricia Corniciuc, Organisation und Mobilisierung: Daniel Knopp und Jule Ulbricht, Simultanübersetzung: Civit‘ Dolmetschen + Übersetzen, Übersetzung: Jen Whigham Regieassistenz: Bastian Kirfel, Dramaturgieassistenz: Nicolai Morawitz

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